Nach kurzer Recherche stelle sich heraus, dass es nicht schwer war, vom Hotel per Zug und Taxi dort hin zu gelangen, gesagt getan.
Um halb zehn morgens stand ich vor dem Eingang von Blists Hill Victorian Village. Nach einer kleinen Einführung ging es ein paar Treppen und Emporen nach oben (im Namen steht nicht umsonst Hill) und schon war man draußen, gut 200 Jahre vor der heutigen Zeit.
Den Anfang machten kleine Geschäfte des alltäglichen Bedarfs, eine Art Tante Emma Laden, der alles bot, was man damals brauchte.
Daneben eine Apotheke, in der auch Zahnchirurgie betrieben wurde (bin ich froh um die heutige Medizin!).
Das Dorf war auf einem Hügel angelegt, Straßenzüge waren den damaligen Nachempfunden, Menschen arbeiteten im Dorf in Kostümen. Manche sprachen sogar Englisch der damaligen Zeit, für mich kaum zu verstehen..
Da ich sehr früh angekommen war, blieb ich zuerst relativ allein im Dorf, erst gegen mittag füllte es sich mit Schulkindern und Senioren an.
Weiter ging es zu einer Druckerei. Hier empfing mich der Meister (rund 60 Jahre alt) und erzählte mir, wie es damals zuging. Nach kurzer Einweisung um die drei Druckmaschinen (alle noch voll intakt obwohl bis zu 200 Jahre alt), erzählten wir über privates, sein alltägliches Erlebnis mit den Touristen aus aller Welt und meine Erlebnisse mit Menschen und Kulturen aller Art. Es war herrlich erfrischend sich mit normalen Menschen, außerhalb der Firma und der Wüste zu unterhalten, Menschen die genau so viel Menschen Kontakt wie ich täglich berufswegen haben und ihre Sichtweisen auf selbige. Er berichtete von Touristen, die ohne zu fragen Bilder von ihm machten, ihn mit Blitzlicht blendeten und um die Absperrung herum an die Maschinen herantraten ohne den Respekt des Alters der Maschinen einzuhalten.
Weiter ging es bergab, zu einem kleinen roten Häuschen. Man hörte von innen geschepper und geräume, es war aber keiner zu sehen. Ich betrat vorsichtig das Haus und wurde sofort von einer älteren Dame in Rüschenschürze begrüßt. Man erzählte mir, wie aufwendig die Instandhaltung sei, wie schnell sich Staub genau da hinsetzte, wo er am meisten störe und sonstige Dinge, wie Fotoproduktionen des Militärs und die exakte Ausrichtung der Mitarbeiter auf Bildern bei solchen Tagen. Ich wollte sie nicht weiter stören bei ihrer Arbeit und verließ das Haus durch den Hinterausgang, welcher eine alte Arztpraxis beinhaltete.
Da ich wundervolles Wetter in Telford hatte, setzte ich mich auf eine nahe Bank, genoss die Sonne, die frische Luft, umgeben von grün und bekam bald einen tierischen Besucher.
Weiter ging es bis zur Talsohle des Hügels, an dem ein kleiner Jahrmarkt aufgebaut war. Daneben der Eingang zu einer Tonfabrik, wie es ihn damals oft gab. Ton, der nur an der Oberfläche biegsam und feucht ist, musste im 18. Jahrhundert noch aus Minen gefördert werden, in dem man Schwarzpulver zur Sprengung benutzte. All dies wurde in einer Fahrt durch eine nachgebaute Mine gezeigt.
Nach dieser interessanten Erfahrung machte ich mich auf den Weg, durch ein kleines Waldstück mit Trampelpfad zurück zur Spitze des Hügels, auf dem der obere Teil des Dorfes angesiedelt ist.
Hier begegnete ich dann den ersten Schulklassen sowie Senioren aller Art. Es füllte sich rasch, ich hatte jedoch den Tipp von der Dame im roten Haus bekommen, doch mal im Süßwarenladen vorbeizuschauen und mit der Dame dort ein Schwätzchen zu halten, sie allerdings nicht zu fotografieren, denn sie glaube, ihre Seele sei dann in der Kamera gefangen...
Ich tat wie geheißen und hatte ein lustiges Gespräch über Fenster in Wänden, warum man in dem Laden an einer bestimmten Seite keines bauen konnte und was sie persönlich von dem Dorf und der Baustruktur anno dazumal halte... Dies nahm ich dann als Anlass, mich zu verabschieden und das Dorf wieder Richtung Birmingham zu verlassen...
Im Monat Juli steht Düsseldorf zweimal auf meinem Plan, sowie einmal Frankfurt, einmal darf ich einen Kurzflug nach Istanbul und zurück unternehmen und am Monatsende geht es wieder einmal in die USA nach Houston, Texas. Dazu habe ich rund 9 Tage Urlaub, die ich zuhause verbringen werde...